Entlang unzähliger Serpentinen klettert mein 4×4 GMC Jimmy die letzten Höhenmeter bis zum Startpunkt des Iceline Trails, der wohl berühmteste Wanderweg des Yoho National Parks. Diese Straße bringt mich aber gleich noch zu den wirklich beeindruckenden Takakkaw Falls. Und die gehören immerhin zu den fünf größten Kanadas – Bist Du bereit für ein neues Abenteuer?
Dauer: 8 – 9 Stunden
Schwierigkeit: mittel bis anspruchsvoll
Saison: Frühjahr bis Herbst
Länge: ca. 22 Kilometer
Höhenmeter: 900 m
Route: Wiskey Jack Hostel/Takkawa Falls – Laughing Falls – (Twin Falls) – Yoho Lake – Takkawa Falls
Die wohl schöneste Wanderung im Yoho National Park: Der Iceline Trail
Du startest am Parkplatz an den Takkawa Falls oder auch dem Whiskey Jack Hostel, rund 27 Kilometer westlich von Lake Louise. Idealerweise übernachtest Du direkt im Hostel. um am Morgen möglichst früh und ausgeruht zu starten – denn der anspruchsvolle Iceline Trail nimmt bei stetiger und zügiger Wandergeschwindigkeit gut und gerne acht Stunden in Anspruch.
Das Wiskey Jack Hostel – Ganz nah am Berg!
Vor allem in der Hochsaison empfiehlt es sich, Dein Bett im Schlafsaal vom Whiskey Jack Hostel vorab zu reservieren. Trotz – oder vielleicht auch gerade wegen – der Abgeschiedenheit und spartanischen Ausstattung hier oben ist das Wiskey Jack meist voll bis unter’s Dach! Und gleich vorab: Strom gibt es hier nur in sehr begrenztem Maße über einen Generator und das heiße Wasser reicht gerade so für eine wirklich flotte Dusche. Umgeben von den Berghängen inmitten der atemberaubenden Natur des Yoho National Parks sind das aber wirklich Nebensächlichkeiten! Am besten nimmst Du Dein Abendessen (natürlich gibt es eine Gemeinschaftsküche, aber mit Gasherd) zum Sonnenuntergang mit nach draußen und genießt das Gefühl von Freiheit, dass sich hier draußen im Handumdrehen und ganz wie von selbst einstellt.
Tipps für Wander-Newbies: Langsam steigern!
Eine Bemerkung vorab: Der Iceline Trail und viele andere Wege in den Rockies sind leider nichts für absolute Anfänger. Neben den üblichen Gefahren bei Wanderungen über der Baumgrenze erwanderst Du sehr abgelegene Strecken und Begegnungen mit auch gefährlichen Wildtieren sind keine Seltenheit. Die Wandernewbies unter euch sollten sich den Iceline Trail trotzdem einmal näher anschauen, denn bereits ein kleiner Teil der Strecke lohnt sich. Die Takkawa Falls liegen zudem direkt am Beginn, bzw. Ende der Route. Meine Alternative für völlig Ungeübte ist die sanfte Rundwanderung um den spektakulären Emerald Lake keine halbe Autostunde entfernt.
Wer hingegen bereits mehrstündige Wanderungen erfolgreich hinter sich gebracht hat, aber noch nicht ganz so viel Bergerfahrung mitbringt, für den habe ich noch einen ganz besonderen Tipp: Du musst keineswegs auf Dein Abenteuer in den Rockies verzichten – viele Reiseanbieter haben inzwischen Wanderreisen im Programm. Mein Favorit ist die Alberta-Wanderreise von DERTour. Eine Woche lang erwanderst Du Dir jeden Tag ein anderes Stück Rockies in einer kleinen Gruppe. Die leichten bis mittleren Touren sind perfekt, um erste Erfahrungen in der wilden Natur der Rockies zu sammeln und Deinen Kanada-Trip zu starten. Die Takkawa Falls sind natürlich auch dabei!
Kein Sonntagsspaziergang: Be prepared!
Für den Iceline Trail solltest Du in jedem Fall feste Wanderstiefel oder zumindest spezielle Trekking-Schuhe dabei haben – denn oberhalb der Baumgrenze wanderst Du auch im Sommer stellenweise auf Schnee und Eis! Hier noch einmal der Hinweis, dass der Iceline Trail, wie die meisten Trails in den Rockies, nichts für Unerfahrene ist. Hier gibt es keine Berghütten und nur die wenigsten Wege sind hier, mitten in der Wildnis, überlaufen. Schnelle Wetterwechsel, die körperliche Anstrengung und tatsächlich gefährliche Wildtiere wie Bären und Puma s werden auch für erfahrene Bergleute schnell zur Herausforderung. Bist Du hingegen ein regelmäßiger Gipfelgänger in den deutschen Mittelgebirgen und auch schon hin und wieder in den Aplen unterwegs gewesen, ist der Iceline Trail die perfekte Wanderung für Dich.
Für alle Wanderungen in den Rockies empfiehlt sich entsprechend folgende Ausrüstung: BearSpray (aus dem Outdoorshop), Taschenmesser, reißfestes Seil, kleine Taschenlampe, Sonnenbrille, Rettungsdecke, Erste-Hilfe Verbandsmaterial, Dextro-Energen. Ohne GPS-Tracker sollte diese Route beim ersten Mal nur zu zweit gegangenen werden. Wer dennoch alleine wandert, steckt am besten eine Notpfeife ein.
Für Deine Kleidung gilt bei Höhenwanderungen das Zwiebelprinzip: Als Hose haben sich für mich Wanderhosen mit Zip-Off-Beinen mehr als bewährt. Am liebsten sind mir dabei solche, die sich auf zwei verschiedene Längen kürzen lassen, einmal unter und einmal über dem Knie. So bleibst Du auch beim Waten durch Bäche und Schlamm einigermaßen warm, kannst aber in der Mittagshitze noch ein wenig mehr Stoff loswerden. Wer leicht friert, kann im Frühjahr und Herbst auf dieser Strecke auch gut eine dickere Wanderhose mitbringen, diese trocknet allerdings schlechter. Egal zu welcher Jahreszeit solltest Du obenherum zusätzlich für alle Fälle gewappnet sein – also Mikrofaser-Tanktop, Mikrofaser Longsleeve, einen Fleecepulli und eine feste Regenjacke. Letztere wirst Du nach dem ersten Aufwärmen nur für die Pausen oder Regen- bzw, Schneeschauer brauchen. Außer im Hochsommer solltest Du zudem eine Mütze, ein Halstuch (prima sind hier die Schweizer “Buffs”, eine Kombi aus Kopf- und Halstuch) und Handschuhe dabeihaben. Wanderstöcke sind für die Strecke kein Muss, aber in jedem Falle vor allem beim Abstieg eine große Hilfe und Entlastung für Knie- und Fußgelenke. Zum Schluss noch ausreichend Wasser (mind. 2 Liter, besser 3) und eine gute Brotzeit eingepackt – und los geht’s!
Gletscher und Wasserfälle – Der spektakuläre Iceline Trail
Was den Iceline Trail so besonders macht, ist seine Vielfältigkeit. Du durchwanderst weite Strecken die eiszeitlich anmutende Gletscher- und Moränenlandschaft mit Geröll und spärlichem Bewuchs auf über 2000 Metern, doch warten auch weitläufige Blumenwiesen, finstere Wälder und versteckte Seen auf Dich. Ganz nebenbei liegen auch die schönsten Wasserfälle des Yoho National Parks auf der Strecke und Du bist den ganzen Tag begleitet von ihrem Rauschen. (Möchtest Du die Wanderung ausdehnen, kannst Du mit einer Übernachtung sogar noch bis zu den Twin Falls marschieren!)
Deine Wanderung startet an einem kleinen Tor unterhalb des Wiskey Jack Hostels. Hier befindest Du Dich bereits auf 1400 m und steigst bis auf maximal 2200 m Höhe. Den größten Anstieg hast Du direkt zu Beginn zu bewältigen, nämlich ab dem Wiskey Jack Hostel. Innerhalb von 45 bis 60 Minuten bewältigst Du knapp 600 Höhenmeter. Langsames und gleichmäßiges Antreten ist also sehr wichtig. Dafür wirst Du allerdings von jetzt an mit einem großartigen Ausblick belohnt. Hast Du erst einmal die Baumgrenze passiert, bewegst Du Dich durch die mondartige Moränenlandschaft unterhalb der Gletscher. Wer die Zeit mitbringt, kann sogar ganz nah an das urzeitliche Eis heranklettern! Gleichmäßiges Wandern ist auf diesem Teil der Trecke noch einmal angesagt, da es viel auf und ab geht.
Gegen Mittag erreichst Du nach dem ersten längeren Abstieg die malerischen Laughing Falls – ein perfekter Platz für eine erste Brotzeit! Von hier geht es über eine kleine Hängebrücke weiter durch Wald und entlang offener Wiesen. Hier kann es durchaus passieren, dass Du hinter der nächsten Biegung einen Bären überraschst – also Augen und Ohren auf! Laute Gespräche oder Singen sind hier sinnvoll, damit Dich die Wildtiere rechtzeitig hören und ausweichen können. Am späten Nachmittag erreichst Du schließlich den Yoho Lake mit der für das Gestein typischen tiefblauen Farbe. Wie der Emerald Lake strahlt auch der Yoho Lake an sonnigen Tagen mit dem Himmel um die Wette! Ab hier erreichst Du den Abschnitt, der auch für Wanderanfänger und sogar Gehbehinderte interessant ist: Der Weg ist breit, flach und eben und bringt Dich über einen kleinen Campingplatz bis an die Straße zurück. Das Schönste an einem Start am Morgen direkt am Hostel ist im Ürbigen, dass Dich nach diesem, zugegebener Maßen wenig interessanten Stück des Wegs noch der krönende Abschluss erwartet: die Takkawa Falls mit ihren beeindrucken 284 Metern Fallhöhe rauschen direkt vor Dir majestätisch in die Tiefe.
Zeit für Abenteuer ist auch Zeit für neue Freunde: Vorteile des Hostellebens
Klar, nicht für jeden sind spartanische Unterkunft und ein voller Schlafsaal der Inbegriff von entspanntem Urlaub. Kommst Du dann jedoch müde aber glücklich zum Sonnenuntergang wieder im Wiskey Jack an, kannst Du das Glück haben, dass der Hostelbetreiber noch ein Lagerfeuer für alle Gäste entfacht. Zeit, um bei Marshmellows und S’mores Geschichten vom Berg auszutauschen und gemeinsam vom nächsten Abenteuer zu träumen. Schließlich ist jedes Erlebnis doppelt schön, wenn Du es mit anderen teilen kannst! (S’mores sind im Übrigen der absolute Kindheits-Hit aller Kanadaier: Marshmellows im Keks mit Schokolade; Einfach genial!)
Mehr über die Kanadischen Rockies, die wundervolle Landschaft British Columbias und Albertas und echte Insider-Tipps zu meiner zweiten Heimat an der kanadischen Westküste findet ihr regelmäßig hier auf Doyoudare. Wer gleich noch mehr über diesen tollen Fleck auf Erden erfahren möchte, kann in meinen englischen Artikeln weiter stöbern: Surfen gehe ich nämlich in Kanada am liebsten im Winter und beim Paddeln auf dem Clearwater Lake kommen mich nachts im Zelt auch schon mal die Bären besuchen…
Da bekommt man ja direkt Lust auf Urlaub und Abenteuer, sehr schöne Fotos 🙂
Liebe Grüße, Nina von http://www.najsattityd.de
Danke sehr, Nina! Einen schönen Blog hast Du – der Beitrag zu Stockholm erinnert mich dran, die Stadt endlich zu besuchen!