Vom Nordkap bis nach Murmansk – auf nach Russland!

Nun geht es in einem Parforce-Ritt in knapp zwei Tagen vom Nordkap in Norwegen quer durch Finnland bis nach Murmansk, dem einst wichtigsten Atom-U-Boothafen der Sowjetunion. Lest mehr von verdächtigen Chaoten, einem echten Grenzkrimi und unserem netten Plausch mit der russischen Polizei. Und was ist eigentlich eine “Ostblock-Wegfahrsperre”? Tag 8 und 9 des Baltic Sea Circle– Heippa, Tjark und Dobry Dien, Russland!
Heiße Sommersonnwendnächte am Nordkap? Weit gefehlt! Bei Schneeregen um den Gefrierpunkt steht Miriams Zelt jenseits des Polarkreises bereits früh um sechs unter Wasser. Die Nacht ist demnach kürzer als gedacht, Tjark macht allen noch Kaffee und wir starten durchgefroren und übernächtigt Richtung Ivalo. Bereits am späten Nachmittag erreichen wir das zu Hause von Maxi, Tjarks einstiger Kommilitonin, die uns Landstreicher zunächst ein wenig misstrauisch beäugt.

Verdächtige Chaoten erreichen Ivalo!

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Angeln in Finnland

Nach dem wohl zehnten Kaffee des Tages, diesmal aber frischgebrüht, geht es uns jedoch schon bedeutend besser: Das erste Mal seit über einer Woche wieder in einer „normalen“ Wohnung, breiten wir unsere Sachen im Garten um’s Haus zum trocknen aus. Nach und nach treffen auch die beiden anderen Teams ein und bald sieht es aus wie auf einem Festival: Zelte, Equipment und Klamotten dekorieren Veranda und Rallyewägen. Schnell merken wir, dass Finnland und seine Dörfer kaum anders sind, als Oberfranken und Nordfriesland: In kürzester Zeit gehen Anrufe bei Maxi ein, ob denn alles in Ordnung sei, Nachbran hätten verdächtige Chaoten auf ihrem Grundstück bemerkt. Wir wollen Maxi in ihrer neuen Heimat keinen Ärger machen und entschließen uns schnell zur Weiterfahrt – auch um die Tages-Challenge noch rechtzeitig zu bewältigen: Angeln vom Autodach aus!

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Finnish Selfie mit Norwegen-Mütze!

Es folgt ein zünftiger Grillabend am nahegelegenen See. Zwar sind die Inhaber weniger freundlich, doch bietet der Campingplatz niedliche und gemütliche Hütten zum mit Zeltplatz vergleichbaren Preis und wir leisten uns zu dritt eine Zweimannhütte. Bis morgens um zwei sitzen die drei Teams am Grillplatz und genießen mit Bärenfang den vorerst letzten gemeinsamen Abend bis zum Wiedertreffen in Tallinn: Rob, Belinda und Tjark reisen morgen morgen ohne russisches Visum über Finnland weiter.

Heippa, Tjark! Du wirst uns fehlen!

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An der finnisch-russischen Grenze

Heute heißt es: Heippa, Tjark! Schweren Herzens trennt sich das ACME-Team am nächsten Tag und fährt in reduzierter Besetzung weiter. Ohne Russland-Visum wird Tjark von Ivalo mit Bus und Fähre über Helsinki nach Tallinn reisen. Mit reichlich Verspätung starten Team 116 und der Rest des ACME-Teams am Nachmittag gen russische Grenze. Zunächst melden wir uns auf finnischer Seite, um dann mit flauem Gefühl im Magen bei den Russen vorzufahren. Wir werden in das Grenzgebäude gebeten und versuchen mit unseren ersten Russischkenntnissen für positive Stimmung zu sorgen: „Dobry Dien!“, einen ‚Guten Tag‘ wünschen wir allen russischen Zollbeamten. Nach viel Papierkram in kyrillisch warten wir geduldig in der Schlange.

Ohne Fahrzeugschein nach Russland! Geht das?

Jan lässt es sich derweil nicht nehmen, den Beamten zu fragen, ob er sich als Modell für eine Foto-Challenge zur Verfügung stellen möchte und Niko und Miriam fürchten um ihren ersehnten Stempel. Am Ende geht für uns doch alles glatt – bis zur Zollbeamtin bei der Fahrzeugeinfuhr: Jan kann seinen Fahrzeugschein nicht finden! Mit nur einer Kopie des Scheins auf den Namen von Jans Mutter will der russische Zollchef die beiden nicht weiterfahren lassen. Das ACME-Team wird inzwischen aus dem Wartesaal komplimentiert zur Wagen-Zollkontrolle. Jan und Corinna bleiben zurück, ohne dass wir wissen, ob und wie wir sie auf der Strecke wiedersehen werden.

Ohne Stop bis Murmansk – Erstmal kein freundliches Willkommen in Russland

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Kyrillisch will gelernt sein!

Routiniert wird unser Wagen inspiziert, während der Drogenhund um unser Auto scharwenzelt. Mit einer wegwerfenden Geste werden wir entlassen und es bleibt uns nicts anderes übrig, als weiterzufahren. Wir passieren zwei weitere videobewehrte Schranken und sind endlich im russischen Grenzstreifen. Auch hier darf man nicht halten und wir fahren weiter bis zur letzten Videokontrolle in weiteren 20 km. Noch keine positive Nachricht von Jan und Corinna. Wir halten kurz, doch ist uns das russische Outback hier doch ausreichend unheimlich. Zwei Stunden später bekommen wir die gute Nachricht von Team 116: Jan und Corinna sind durch! Wir verständigen uns, uns südlich von Murmansk wieder zu treffen.

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Hier haben wir wohl nichts verloren…

Das ACME-Team startet zu einer Rundtour durch Murmansk auf der Suche nach dem Militärhafen, noch wartet eine Foto-Challenge auf uns! Eingefallene Baracken und Betonbunker säumen die Straße, dahinter rosten Kräne und Uraltkutter in der Mitternachtssonne. Seit geraumer Zeit folgen uns mit Schrittgeschwindigkeit ein betagter Mercedes und ein Polizeifahrzeug und wir blicken immer wieder nervös in den Rückspiegel unseres tapferen “Elchs”. Unvermittelt endet die Straße vor einem Industriegelände. Jetzt sind wir uns sicher, hier wirklich nichts, aber auch rein gar nichts, verloren zu haben. Wir wenden und fahren zurück in die Stadt. Noch gute zehn Minuten und locker sechs Abbiegungen später sehen wir Mercedes und Polizei im Rückspiegel. Deutsche Touristen in Murmansk.

Eine Nacht im “Belamora” – Wo liegt eigentlich Kandalakscha?

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Die Straßenseite ist auf Russlands Landstraßen nicht so wichtig

Mit viel Hin und Her fahren beide Teams die Nacht hindurch ohne eine vernünftige Bleibe zu finden – alles in Straßennähe ist extrem vermüllt und wenig wirtlich, um ein Zelt aufzuschlagen. Gegen halb fünf Uhr morgens erreicht das ACME-Team Kandalakscha – und keine Campingmöglichkeit in Sicht. An einer Tankstelle fragen wir nach Übernachtungsmöglichkeiten und in einem Gemisch aus Russisch und Englisch beschreibt uns die junge Russin den Weg zum Hotel BELAMORA. Mit letzter Kraft finden wir den Kasten mit altsozialistischem Charme mit der von der jungen Russin aufgemalten Anleitung aus kyrillischen Zeichen. Vor der Tür des Hotels stehen gerade fünf Polizisten ratlos um einen roten Lada – Team 21 aus Leipzig! Mutig stellen wir uns als Freude des Teams vor, ganz bestimmt hätte sich Team-Leipzig nichts zu Schulden kommen lassen!

Polizei_und_Lada
Polizei und Lada früh um fünf

Doch ist alles ganz anders, als gedacht: In der Nacht hatte ein Passant bemerkt, wie der Wagen aufgebrochen und eine Plastiktasche entwendet wurde. Nun gibt sich die russische Polizei redlich Mühe, das Verbrechen aufzuklären. Die Tasche ist schnell gefunden und samt Autoatlas wieder bei seinen Besitzern. Die Polizisten, Team Leipzig und Niko scherzen gestikulierend noch ein wenig auf dem Bürgersteig und Miriam geht zur Rezeption.

 

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Das Belamora, das einzige “Hotel” in Kandalakscha

Hier im Kandalakscha spricht nun wirklich kein Mensch mehr Englisch. Das Wörterbuch kommt intensiv zum Einsatz und die Uhrzeit führt zu viel Verwirrung. “Na adnu notsch?” Für eine Nacht? Morgens um fünf ist für das russische Hotel bereits der nächste Tag, so dass wir bis Dienstag Morgen bleiben könnten. Nico baut noch schnell seine „Ostblock-Wegfahrsperre,“ eine kaputte Sicherung für die Benzinpumpe, ein. In Feierstimmung schleppen wir alles wertvolle Hab und Gut die Betontreppe hinauf und freuen uns über die Mischung aus Schwimmbadatmosphäre und fünfziger Jahre Charme. Nach getaner Arbeit sinkt das vorerst auf zwei reduzierte ACME-Team in die schmalen aber sauberen Betten. ßpakójnaj nótschi!

Hier geht’s weiter nach Sankt Petersburg mit dem ACME-Team durch Russland!

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Hotel
Das erste Bett seit über einer Woche…

 

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